„Wie komme ich den am besten zum Schloss“, fragte ich den jungen Mann auf dem Radel nachdem ich bereits einige Zeit ohne Orientierung herumirrte. Der Akku meines Handys hatte den Geist bereits vor einer Weile aufgegeben, also blieb mir nur die altmodische Variante übrig jemanden zu fragen.

„Einfach gerade aus. In Karlsruhe führt die Hälfte der Wege zum Schloss.“ Antwortete er kurz und knapp. Er wirkte ziemlich überzeugend. Also nickte ich, folgte seiner Beschreibung und stand einige Minuten später im Schlosspark. Wie sich in den Wochen danach herausstellen sollte, lässt die Stadtarchitektur in Karlsruhe es eigentlich gar nicht zu das Schloss zu verfehlen. 

Fächerförmig sind die Straßen auf das Schloss ausgerichtet, weswegen im wahrsten Sinne viele Wege zum Schloss führen. Den Charakter der Fächerstadt Karlsruhe kann man natürlich auf jeder Stadtkarte nachvollziehen. Eindrucksvoller wird die klare Struktur der Straßenzüge aber bei einem Blick über die Stadt. Da sich die Familie sowieso zum ersten Besuch im Süden angekündigt hatte und das typische Touri-Programm bis jetzt noch auf der Strecke geblieben war, stand die nächste Herausforderung an: den Schlossturm zu erklimmen und Karlsruhe von oben zu genießen.

An einem sonnigen Samstag im Oktober führte uns der Weg zum Schloss Karlsruhe. Vorbei an den Ausstellungen im Schloss ging es 165 Stufen in die Höhe. Als typischer Touristenmagnet mit dem einmaligen Blick über die Stadt war der Aufstieg unkomfortabler als gedacht. Neben den Passagen mit breiten Treppen und ausreichend Platz gab es eben auch jene „authentischen“ Treppen mit schmalem Gang, hohen Stufen und ausreichend Gegenverkehr. Die freie Wendeltreppe am Ende war mein persönliches „Highlight“. Nichtsdestotrotz, angekommen auf der Aussichtsplattform erwartete uns ein phänomenaler Ausblick über Karlsruhe. Der fast wolkenfreie Himmel ließ eine Aussicht bis in den Schwarzwald zu. Zudem offenbarte der 360 Grad Blick über die Fächerstadt den eindrucksvollen Grundriss. Der große Vorteil im Vergleich zum Ausblick vom Turmberg ist die zentrale Lage des Schlossturms. Die Aussicht hoch über der Stadt genießen und trotzdem ist man mitten im Zentrum – sehr praktisch.

Wer einen eigenen Blick wagen möchte, sollte den Aufstieg nicht scheuen. Die Aussicht entschädigt auch die kleinen Strapazen zuvor. Ganz ohne Anstrengung lässt sich hingegen der Schlosspark um das Schloss herum genießen. Im Sommer ist die Parkanlage ein beliebter Treffpunkt von Picknickern, Studenten und jungen Familien. Ob zum Joggen, Spazieren oder Seele baumeln lassen – der Besuch des Schlossparks gehört für viele Karlsruher in das Freizeitprogramm. Den verstaubten und biederen Charakter verliert der Schlosspark durch regelmäßige Food Truck Festivals oder die Schlosslichtspiele, bei denen das Schloss als überdimensionale Leinwand durch aufwendige Lichtprojektionen dient und viele Zuschauer anzieht.

In der kühleren Jahreszeit lädt die große Parkanlage mit dem fallenden Laub außerdem zu einem gemütlichen Sonntagspaziergang ein. Und so ist das Schloss Karlsruhe mit dem sich anschließenden Park, ob im Sommer oder im Herbst, für mich zum zentralen Ort geworden - ganz unabhängig von seiner Lage.